Turdikhari und der König

Vor langer, langer Zeit lebte einmal ein altes Ehepaar, das hatte nur einen einzigen Sohn und dieser Sohn hieß Turdikhari. Der Vater starb sehr früh, und als der Junge sieben Jahre alt war, schickte die Mutter ihn zum Mullah in die Schule.

Eines Morgens war Turdikhari so spät aufgestanden, dass er zur Schule rennen musste. Da übersah er einen Frosch und trat auf ihn. Der Frosch quakte vor Schmerz auf, Turdikhari nahm ihn hoch und barg ihn vorsichtig in seinem Hemd. Als er in die Schule kam, setzte er ihn in die Bücherkiste des Mullahs, und jeden Tag gab er ihm einige Stückchen von seinem Brot ab, so dass der Frosch sehr groß wurde.

Dann sagte der Mullah eines Tages: „Jetzt ist Sommer. Wir werden für zwei Monate aufs Land gehen, um zu lernen.“ Der Mullah und seine Schüler begannen, alles Gepäck auf einen Karren zu laden, und als sie an die Bücherkiste kamen, sprang plötzlich etwas heraus: Es war der Frosch.

„Was ist denn das? Wer hat den Frosch in die Kiste getan?“, fragte der Mullah.

„Ich war’s“, gestand Turdikhari.

Der Mullah befahl ihm, den Frosch fortzubringen. Turdikhari nahm ihn und setzte ihn am Seeufer aus.

Der Frosch sprang ins Wasser und kam sogleich mit einem Talisman im Maul wieder heraus. „Das ist für dich, weil du gut zu mir warst. Wenn dir jemals ein Unglück widerfährt, wird dir dieser Talisman helfen. Er hat drei magische Kräfte. Erstens: Er kann Tote zum Leben erwecken. Zweitens: Er kann Gärten und Bauwerke schaffen. Und drittens kann er köstliches Essen zaubern. Verlier ihn nicht!“

Turdikhari nahm den Talisman und ging zurück zur Schule. Der Mullah und die anderen Schüler waren bereits fort und so machte sich Turdikhari allein auf den Weg, um ihnen zu folgen. Unterwegs fand er eine tote Schlange. Er holte den Talisman hervor, berührte die Schlange damit und sofort wurde sie wieder lebendig.

„Du hast mir das Leben zurückgegeben“, sagte die Schlange. „Wenn dir ein Unglück widerfährt, denke an mich. Dann werde ich dir helfen.“ Und damit kroch sie fort.

Kurz darauf sah Turdikhari eine tote Biene. Er berührte die Biene mit seinem Talisman und sie wurde wieder lebendig.

„Wenn du jemals in Gefahr gerätst, werde ich dir helfen“, sagte die Biene und flog davon.

Turdikhari setzte seinen Weg fort und entdeckte eine tote Katze. Er berührte sie mit seinem Talisman und sie wurde wieder lebendig.

„Wann immer du Ärger bekommst, denke an mich“, sagte die Katze. „Ich werde dir helfen.“

Am Abend kam Turdikhari in eine Stadt. In einem Garten sah er einen toten Mann am Boden liegen. Er berührte ihn mit seinem Talisman und der Mann wurde wieder lebendig.

„He!“, schrie der Mann laut. „Der Kerl hat mich geschlagen!“ Da kamen die Leute herbei  und brachten Turdikhari vor den König und der König ließ ihn in den Kerker werfen. Wie er da so saß, dachte er an die Schlange, an die Katze und die Biene, die er gerettet hatte. Und schon kam die Katze durch den Schornstein herein, die Schlange kam durch einen Tunnel gekrochen und die Biene durch ein Loch geflogen. Sie alle wollten ihm helfen. Die Katze brachte Brot, die Schlange Fleisch und die Biene Honig. So versorgten sie Turdikhari sieben Jahre lange.

Eines Tages wurde der König krank. Er rief alle Heiler und Ärzte seines Reiches zusammen, aber keiner konnte ihm helfen. Schließlich ließ er seine Minister kommen und sagte: „Ich werde demjenigen, der meine Krankheit heilt, den Thron und meine einzige Tochter geben.“

Als Turdikhari dies hörte, grub er mit Hilfe der Katze, der Schlange und der Biene einen Tunnel bis zum Schloss des Königs. „Ich gebe den Sterbenden das Leben zurück!“, sagte er und wurde zum König geführt. Er nahm seinen Talisman, berührte den König damit und auf der Stelle ward der König gesund.

Doch der König sagte sich: „Wie kann ich meine Tochter mit einem Sträfling verheiraten?“ und wollte Turdikhari köpfen lassen. Die Minister rieten jedoch: „Oh, König, es wäre nicht recht, diesen Mann hinzurichten. Gebt ihm eine Aufgabe, und wenn er sie nicht löst, könnt ihr ihn immer noch zum Tode verurteilen.“

Der König stimmte zu und befahl Turdikhari, einen Palast mit sieben Stockwerken und einen Garten mit Blumen und Vögeln und zweiundzwanzig verschiedene Arten köstlichster Früchte zu schaffen.

„Ja, Herr“, sagte Turdikhari. Er nahm seinen Talisman in die Hand, warf ihn zum Himmel und betete:

„Allah, bitte verschone mein Leben.“ In dem Augenblick, als der Talisman zurück auf die Erde fiel, erhob sich der Wind zu einem Sturm, der Sturm wurde zu Nebel, und als sich der Nebel hob, stand da ein wunderschöner Palast.

Turdikhari forderte den König auf, mit ihm in seinen neuen Palast zu gehen, und der König gab ihm seine Tochter zur Frau.